Kriminalfälle in Sprendlingen

Selbst in einem recht friedlichen Städtchen wie Sprendlingen kommen auch hier manchmal bemerkenswerte Verbrechen vor. Von einigen davon wird im Folgenden berichtet. 


Die Geschichte vom Doppelmord im Sprendlinger Pfarrhaus im Jahr 1570, durch den die beiden Kinder des Pfarrers Schwanfelder zu Tode kamen, wurde von diesem selbst schriftlich berichtet. Der Titel der Niederschrift lautet:  Warhafftiger Bericht: Von den jämmerlichen vnd erbärmlichen Mordt, so zu Sprendenlingen in der Dreyeych, an zweyen Kindern im Pfarrhof am 26. tag des Jenners, in disem jetzt lauffenden M.D.LXX. Jar begangen, vnnd wie nachmals der Thätter allhie zu Franckfort am Meyn, den 24. Hornung ist gericht worden.  Die Niederschrift ist in Frankfurt in mindestens zwei Versionen gedruckt worden, die in digitaler Form vorliegen: Google Books und Staatsbibliothek Berlin. Beide Versionen unterscheiden sich inhaltlich kaum, die Berliner Version enthält noch einen "Beschluss", in dem die Ereignisse aus theologischer Sicht bewertet werden. Der Text ist erstmals von G.H.W. Werner im Langener Wochenblatt 1876 neu und besser lesbar abgedruckt worden. Manfred Neusel berichtete in der Landschaft Dreieich  (1980-1984, S. 129) darüber. Heinz Lenhardt hatte den Text in ähnlicher Weise aufbereitet (Landschaft Dreieich 1936-1938, S. 133). 2015 Behandelten Schülerinnen und Schüler des Ricarda-Huch-Gymnasiums das Thema im Unterricht. Es wurde ein Videofilm darüber produziert (s. Bericht OP-Online). Außerdem liegt eine Zusammenfassung des Geschehens vor, die mit antizipierter Genehmigung der Autorinnen Celine F. und Tamara S. -->HIER abgerufen werden kann.


Der Mordfall Stara Baumgarten erschütterte 1930 Sprendlingen. In diesem Jahr wurde in einem Haus am Herrnröther Weg in Sprendlingen Stara Baumgarten brutal getötet und im Garten verscharrt. Mit einem Klick auf das Bild ihres Ehemanns Friedrich Baumgarten können Sie eine Dokumentation (5,2 MB) über den Mordfall herunterladen, ein erschütternder Bericht über Tod, Schuld und Sühne. In einem aufsehenerregenden Prozess wurde Baumgarten zum Tode verurteilt, aber dann zu lebenslangem Zuchthaus begnadigt. Er beteuerte dort immer wieder seine Unschuld. Er starb 1944 im Rahmen der Aktion "Vernichtung durch Arbeit" im KZ Buchenwald. Hier ein Bericht aus OP online.

 

Ca. ein Jahr nach der Veröffentlichung der Dokumentation im Januar 2019 entdeckte Wilhelm Schäfer im Stadtarchiv einen Artikel von Hans Obermann im Sprendlinger Stadt-Anzeiger vom 11.3.1967 über den Mordfall Baumgarten. Dieser Zeitungsbericht ist eine interessante Ergänzung zu der Dokumentation. Obermann nutzte offensichtlich noch andere Quellen. Auch Wilhelm Schäfer hat noch weitere Dokumente vom Mordfall ausfindig gemacht, über die hier zu gegebener Zeit berichtet werden wird.

 

Anmerkung 4/24: Christoph Baumeister, der Schwager von Friedrich Baumgarten, wurde nicht verurteilt, sondern am 16.7.1932 in die Landes-Heil-und Pflegeanstalt "Philippshospital" bei Goddelau eingewiesen. Er wurde als ein Mensch bezeichnet, der als gemeingefährlich zu betrachten sei. Ein Entlassungsgesuch wurde 1936 wurde mit deutlichen Worten abgelehnt. Im Archiv befindet sich ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass Baumeister noch im Jahr 1971 im Philippshospital untergebracht war (Stadtarchiv Sprendlingen XVII, 11,1,2). Er dürft wohl dort verstorben sein.

Anmerkung 6/24: Im Staatsarchiv Darmstadt ist unter der Signatur G 27 umfangreiches Material zum Prozess gegen Baumgarten zusammengestellt.  Vom Antrag des Staatsanwaltes über die diversen Gutachten bis hin zu den Niederschriften aller Zeugenaussagen sowie diverse Zeitungsartikel. Besonders bemerkenswert ist ein Album mit relevanten Abbildungen vom Fundort der Leiche der Stara Baumgarten. Die Dokumente bestätigen die Informationen, die in unserer Broschüre zum Mordfall zusammengestellt wurden.


Stasi -Agent jagt Haus in die Luft: 

Am 26. Juni 1958, gegen 4 Uhr, zerriss ein furchtbarer Knall die Stille der Nacht. Das Haus Offenbacher Straße 31 stand nur noch zur Hälfte, und der Rest drohte auch noch einzustürzen. Der Anblick erinnerte an die Bombenangriffe im letzten Krieg. Dass da etwas Besonderes passiert war, sah man an den fremden Männern, die in den Trümmern rumstocherten. Aber man wusste nichts genaues. In der Nachbarschaft wurde von einem geheimen Sender russischer Emigranten gesprochen.

 

Nach der Wende und Offenlegung  der Stasi-Akten kam Licht in diese Angelegenheit. „Donner“ war der Deckname des Stasi-Agenten Hans Wax. Er war Top-Agent, gehörte zu den Besten seiner Zunft und hatte den Auftrag, diesen Sender, der regimefeindliches Material in die damalige DDR sendete, zu zerstören.  

 

Bis heute haben der Besitzer des betroffenen Anwesens und die auch in Mitleidenschaft gezogenen Eigentümer der Nachbarhäuser keinen Pfennig Entschädigung durch die Bundesregierung erhalten. Aus Protest über die Heuchelei und Geheimniskrämerei hisste der Besitzer des Nachbarhauses jahrelang am Jahrestag des Attentates eine schwarze Fahne. Das zerstörte Haus wurde nie wieder aufgebaut. Man ebnete es ein und schuf so einen Parkplatz genutzt. Im Hinterhof, wo einst der Sendemast stand, wurden Wohnungen gebaut. Heute kann man sagen: Der kalte Krieg ging auch an Sprendlingen nicht spurlos vorüber. 

 

Die Geschichte von Hans Wax fand ihren Niederschlag in diversen Publikationen, z. B im Spiegel 10/1996 oder in einem Spiegel-TV Beitrag.


Der Tod des Polizisten Sippel im Sprendlinger Norden: 

 

Am 7. Mai 1976 wurde der Sprendlinger Polizei gemeldet, dass sich an der Kiesgrube Bauer (Abb. links) im Waldgebiet zwischen Sprendlingen und Neu-Isenburg ein Exhibitionist herumtreibe. Die beiden Polizisten Sippel und Korol stießen auf eine Gruppe von mehreren Personen. Als eine dieser Personen in das Polizeiauto einsteigen sollte, kam es zu einem Schusswechsel, in dem Korol schwer und Sippel tödlich verletzt wurde. Alle Personen entkamen. Zwei Verdächtige aus dem Umkreis der RAF konnten zwei Wochen später festgenommen werden. In dem folgenden Prozess wurden die beiden Männer freigesprochen, da Ihnen die Tat nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte. Die Angeklagten wurden wegen Urkundenfälschung und verbotenem Waffenbesitz verurteilt. Es ist sehr unbefriedigend, dass die schreckliche Tat nicht aufgeklärt werden konnte. Lesen Sie einen Artikel aus dem Neu-Isenburger Anzeiger von 14.05.1976, aus dem Spiegel vom 08.01.1978 oder den Bericht von Nicole Jost aus der FNP vom 04.11.2018.

Unser Vereinsmitglied Gudrun Czerwinski hat persönliche Erinnerungen an den 7. Mai 1976. Für unsere Website hat sie ihre Erlebnisse an diesem Tag am 28.04.2024 zusammengefasst:

 

„Na“, sagte meine Mutter zu mir „hast Du Lust, einen Spaziergang durch den Wald zu machen?“ Wir wohnten „Im Hirschsprung“ im „Kurt-Schumacher-Ring“ in Sprendlingen direkt am Wald und nutzen diesen oft zum Spaziergang. Das Wetter war warm; man konnte ohne Jacke losziehen. 

 

„Ja, klar“, antwortete ich und so spazierten wir los. Wir waren schon etliche Zeit unterwegs und auf dem Rückweg, als wir plötzlich zwei Männer sahen. Bewaffnet. Meine Mutter reagierte panisch und rief: „Lauf los, lauf sofort los Richtung Berliner Ring. Quer durch den Wald!“ Ich rannte sofort los und meine Mutter hinterher. Schon bald merkten wir, dass uns die Männer nicht folgten. Trotzdem blieb meine Mutter unruhig. Sehr bald tauchten die Häuser des Berliner Rings auf und wir liefen so schnell wie möglich nach Hause.

 

Dort empfing uns mein Vater. Er war total aufgeregt: „Wo bleibt ihr denn? Gott sei Dank, seid ihr wieder hier!“ rief er. „Irgendetwas ist im Wald passiert!“ sagte er. Viele Krankenwagen und Polizei mit Blaulicht sind durch den Kurt-Schumacher-Ring gefahren und ein Hubschrauber kreiste über dem Wald vom „Hirschsprung“. Dann hörten wir, jemand sei erschossen worden! Manche Bewohner des Hirschsprungs strömte nun zur Kiesgrube, wo alles passiert sein sollte. Aber unsere Familie blieb zusammen zu Hause. Wir wollten die Arbeit der Polizei nicht behindern!

 

Ganz bald darauf klingelte das Telefon. „Stellt Euch vor, was passiert ist….!“ rief meine Großmutter (Amalie Drews) in den Hörer. Was war passiert? Die Täter kamen aus dem Wald und tauchten im Sudetenring 137 vor dem Haus meiner Großmutter auf. Sie kochte gerade und hatte das Küchenfenster auf, so dass sie die Täter gut sehen konnte. Diese hielten ein Auto mit Gewalt an, rissen die Fahrerin heraus, die sich dabei den Arm brach und schossen dann um sich. Meine Großmutter duckte sich unter ihr Küchenfenster. Die Täter fuhren mit dem gestohlenen Auto davon. Meine Großmutter rief Polizei und Krankenwagen. Ein Geschoß hatte die Wand unter ihrem Küchenfenster getroffen; das andere steckte in ihrer Birke im Garten. Die Kripo kam dann am anderen Tag und durchsuchte das Gelände und ihren Garten. Später zeigte ich die Einschüsse meiner Sprendlinger Freundin (I. E.), die sich heute noch daran erinnern kann.

 

Im nächsten Tag erfuhren wir den ganzen Tathergang. In der Kiesgrube zwischen Neu-Isenburg und Sprendlingen sollte ein Sittenstrolch aktiv gewesen sein. Deshalb fuhren die zwei Sprendlinger Polizisten los, um nach dem Rechten zu sehen. Es war kein Sittenstrolch zu sehen, aber die Terroristen (siehe detaillierter Bericht aus dem Neu-Isenburger Anzeiger) Wir bedauerten alle sehr den Tod des Polizisten Sippel und uns haben seine Frau und die Kinder sehr leid getan. War sie nicht mit dem 2. gerade schwanger? 

 

Der 07.05.1976 war ein Freitag und als wir Montag in die Schule wieder kamen, erzählte uns unsere Deutschlehrerin, Frau von Blanc, dass sie zum gegebenen Zeitpunkt im Isenburg Zentrum war und dies gesperrt wurde, weil man annahm, dass die Täter dort in der Masse untergetaucht waren. Das gestohlene Auto fand man in Buchschlag; die Täter konnten fliehen…….man hat die mutmaßlichen Täter gefunden, aber es konnte nicht festgestellt werden, wer geschossen hatte. Deshalb gab es einen Freispruch, weil man niemanden etwas nachweisen konnte.