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Das Wort Euthanasie stammt aus dem Griechischen und kann mit "guter oder leichter Tod" übersetzt werden. Heute wird dafür eher der Begriff "Sterbehilfe" benutzt, weil "Euthanasie" für die systematische Tötung von behinderten und psychisch kranken Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus steht. 1939 organisierten die Nazis unter der Tarnbezeichnung T4 die Erfassung und Selektion der Patienten in den unterschiedlichen Landesanstalten und koordinierten den Transport in Zwischenanstalten, von wo aus die Personen direkt in die Tötungsanstalten verbracht wurden. Dort wurden sie in als Duschräume getarnte Gaskammern geführt und mit Kohlenmonoxid-Gas ermordet. Die Leichen wurden anschließend in Krematorien eingeäschert. Die Angehörigen und die lokalen Standesämter erhielten dann Schreiben mit fingierten Sterbeorten und Todesursachen, um die Mordaktionen zu verschleiern. Insgesamt fielen der Aktion T4 ca. 70.000 Patienten zum Opfer.
Die für Südhessen zuständige Tötungsanstalt war die Landesheilanstalt Hadamar. Im Archiv der heutigen Gedenkstätte konnten die Unterlagen von vier dort ermordeten Patienten aus Sprendlingen und Götzenhain gefunden werden. Ein Hinweis auf eine Patientin aus Buchschlag ermöglichte Recherchen über deren weiteres Schicksal.
Frau Justine Kother, geb. Hunkel, geboren 1896 in Sprendlingen, wurde von der Heil- und Pflegeanstalt Heppenheim im April 1941 in die Zwischenanstalt Scheuern bei Nassau verlegt. Von Scheuern gelangte Frau Kother in einem Transport mit 82 weiteren Patienten am 16. Mai 1941 nach Hadamar, wo sie noch am Tag der Ankunft in die im Keller der Anstalt befindliche Gaskammer geschickt, ermordet und verbrannt wurde.
Herr Philipp Stroh, geboren 1896 in Sprendlingen, wurde vom Philippshospital bei Goddelau im April 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster verlegt. Von dort gelangte Herr Stroh in einem Transport mit 105 weiteren Patienten am 06. Juni 1941 nach Hadamar, wo er am selben Tag ermordet und verbrannt wurde. Bei ihm wurde nicht nur das Todesdatum gefälscht, sondern auch der Sterbeort, nämlich Sonnenstein bei Dresden.
Frau Elisabeth Fricke, geboren 1903 in Sprendlingen, wurde vom Philippshospital bei Goddelau im April 1941 in die Zwischenanstalt Weilmünster verlegt. Von dort gelangte Frau Fricke in einem Transport mit 105 weiteren Patienten am 06. Juni 1941 nach Hadamar. Sie starb noch am selben Tag durch das Gas und wurde verbrannt.
Herr Georg Lauer, geboren 1890 in Götzenhain, wurde vom Philippshospital bei Goddelau im März 1941 nach Weilmünster verlegt. Weilmünster war zu diesem Zeitpunkt eine sogenannte "Zwischenanstalt" für die Tötungsanstalt Hadamar. Von dort aus wurde Herr Lauer am 29.Mai 1941 mit 118 weiteren Patienten in die Tötungsanstalt Hadamar gebracht und am selben Tag dort ermordet und verbrannt. Herrn Georg Lauer wurde bereits in Götzenhain mit einem Stolperstein gedacht
Frau Annemarie Preusse, geb. 24.07.1908 in Sonderburg, wohnte ursprünglich in Buchschlag in ihrem Elternhaus. Sie wurde am 25.02.1941 aus der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Alzey nach Weilmünster verlegt. Sie sollte von dort in die Tötungsanstalt Hadamar eingeliefert werden, wurde aber "zurückgestellt" und am 04.03.1941 auf Betreiben ihrer Mutter nach Buchschlag entlassen. Über die Kuranstalt Hohemark und die Landesanstalt Eichberg kam sie in Begleitung ihrer Mutter am 16.05.1941 in die Westfälische Diakonissenanstalt Sarepta. Diese Anstalt gehört zum Umfeld der v. Bodelschwinghschen Stiftung Bethel, die nicht an den Tötungsaktionen der Nationalsozialisten teilnahm. Dort blieb sie über ein Jahr, bis sie am 12.06.1942 in der Evangelischen Stiftung Tannenhof aufgenommen wurde. Auch von dieser Anstalt wird berichtet, dass sie nicht an der Aktion T4 teilnahm. Annemarie Preusse verbrachte ein knappes Jahr in Tannenhof, bevor sie in der Anstalt Hausen in Waldbreitbach untergebracht wurde. Ihre Mutter konnte nicht verhindern, dass man sie am 07.05.1943 in die Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde (im heutigen Polen) verlegte. Den vorliegenden Berichten zufolge wurden die neu eingewiesenen arbeitsunfähigen Patienten kurz nach der Ankunft getötet.
Das Engagement ihrer Mutter ließ sie die Aktion T4 überleben, am Ende fiel sie dennoch der unerbittlichen nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie zum Opfer. Ein ausführlicher Bericht zum Gedenken an Annemarie Preusse ist auf der Website von Wilhelm Ott zu finden.