Sprendlingen besaß dem Vernehmen nach früher eine höhere Fachwerkhausdichte als Dreieichenhain. Diese Zeiten sind vergangen. Die Verbreiterung der Darmstädter Straße, profitorientierte Investoren in Verbindung mit modernistischen Architekten und fehlender Altstadtsatzung haben tiefe Narben in das Stadtbild unseres Heimatortes geschlagen (es gibt löbliche Ausnahmen!). Umso wichtiger ist es, die noch erhaltenen Zeugnisse unserer Stadtgeschichte zu bewahren. Ein bedeutender Schritt war die Definition von denkmalgeschützten Objekten im Stadtbereich von Sprendlingen. Diese Objekte wurden 1987 in der Publikation "Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Hessen - Kreis Offenbach" von Dagmar Söder u.a. bildlich dargestellt und beschrieben. Nach 1987 wurden der Sprendlinger Bahnhof und die evangelische Christuskirche in der Fichtestraße zu denkmalgeschützten Gebäuden erklärt.
Wir haben diese Objekte im Dezember 2012 neu fotografiert und unten abgebildet. Die Beschreibung aus diesem Buch von 1987 ist den neuen Fotos (in roter Farbe) gegenübergestellt. Insgesamt ist das Ergebnis sehr erfreulich: Die Besitzer der denkmalgeschützten Objekte haben sich große Mühe gegeben, sie in einen guten Zustand zu bringen. Diese positiven Beispiele sollten allen heimatverbundenen Sprendlinger Bürger Anlass sein, sich für die Erhaltung unseres geschichtlichen Erbes einzusetzen.
Rufen Sie --> hier Google Earth auf, um die Standorte der denkmalgeschützten Objekte zu sehen. Zum Abschluss dieses Kapitels werden weitere Sprendlinger Fachwerkhäuser abgebildet, die genau wie die unter Denkmalschutz stehenden Häuser erhaltenswerte Gebäude sind. Sie sind charakteristisch für das, was den Begriff "Heimat" kennzeichnet.
Gesamtanlage Tempelstraße
Die Tempelstraße als eine der vom Lindenplatz strahlenförmig ausgehenden Gassen verläuft nach Süden, parallel zur Krümmung des Hengstbach, der die westliche Parzellengrenze bildet. Zur Entstehungszeit der Gebäude um 1800 ist der südliche Ortsrand - wie noch heute - im Bereich der Robert-Koch-Straße anzunehmen.
Die Gesamtanlage umfasst die Anwesen Nr. 18, 20, 21 und 23/25: drei giebelständige Wohnhäuser, zum Teil mit ebenfalls giebelständigen kleinen Nebengebäuden, und eine traufständige Zeile von ursprünglich zwei Scheunen mit vorgelagerter Freifläche, so dass eine platzartig geschlossene Situation entsteht..
Die Form der ehemaligen Hofreiten richtet sich nach dem jeweiligen Grundstückszuschnitt: Nebengebäude schließen sich entweder an das Wohngebäude an oder sind getrennt davon angelegt. Als unregelmäßiges Haufendorf hat Sprendlingen hier keinen einheitlichen Hoftyp ausgebildet.
Die kurz vor oder um 1800 erbauten Wohnhäuser demonstrieren trotz manchmal unvollständiger Bausubstanz die Entwicklung vom spätbarocken zum rein konstruktiven Fachwerk. Bei Nr. 25 sind die Eckpfosten noch mit halber Mannfigur verstrebt, bei Nr. 21 kragt das Obergeschoß auf abgerundeten Balkenköpfen mit Füllhölzern vor, bei Nr. 18 ist das Gefüge regelmäßig und schmucklos. Nr. 20 stellt das ungewöhnliche Beispiel eines frühen Scheunenumbaus zu Wohnzwecken mit Details der 30er Jahre dar, nach dendrochronologischer Untersuchung Erbauungsdatum der Scheune 1709.
Neben der durch Lage und Zuordnung der einzelnen Bauten entstandenen städtebaulich reizvollen Wirkung besitzt die Baugruppe, die innerhalb der allgemein stark überformten Gemeinde einen historisch-dörflichen Charakter beibehalten hat, ortgeschichtliche Bedeutung. (g)
Alberusstraße 2/4
Giebelständiges Haus mit Krüppelwalm, die Giebelseite vollständig verkleidet, das Fachwerk darunter ist wahrscheinlich intakt. Die nördliche Obergeschoß-Traufwand zeigt qualitätvolles Fachwerk mit Mannfiguren und Andreaskreuzen, das Erdgeschoß traufseits massiv erneuert. Der voluminöse Bau der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bildet einen markanten Blickfang am Rand des alten Ortskerns. (k,s)
Anmerkung: 1987 war das Haus mit Eternitplatten verkleidet und teilweise verputzt. Es ist sehr schön renoviert worden.
Alberusstraße 9
Extrem schmales, giebelständiges Fachwerkhaus, eingeschossig mit Kniestock, einseitig an die Begrenzungsmauer zum Nachbargrundstück angebaut. Rückwärtig anschließende Nebengebäude sind durch Neubau ersetzt, das Fachwerk um 1800 weitgehend intakt. Das Haus stellt eine Sonderform des eingeschossigen Hoftyps dar, ein in Verbindung mit der sehr schmalen Parzelle und der minimierten Kniestockbauweise ausgefallenes und seltenes Beispiel, das außerdem das Bild der Alberusstraße vervollständigt. (w, s)
Alberusstraße 11
Ehemalige Bürgermeisterei, überdurchschnittlich aufwendiger Bau auf relativ großer Grundstücksfläche, von der früheren Einfriedung zwei kräftige barocke Sandstein-Torpfosten erhalten. Das Fachwerk weitgehend komplett, die Giebelfront verputzt, jedoch aufgrund von Proportionen und Fensterstellung frühbarockes Fachwerk mit Zierformen zu erwarten. Im ersten Obergeschoss ist eine Lehmstuckdecke erhalten; Erbauungszeit um oder kurz nach 1700. (k, g)
Anmerkung: 1987 war das Haus verputzt. Es ist ebenfalls sehr schön renoviert worden.
Siehe auch Eintrag in Wikipedia
Alberusstraße 18
Traufständiges Wohnhaus mit im Erdgeschossbereich teilweise gestörtem Fachwerkgefüge. Neben Andreaskreuzen und Feuerbock im Obergeschoss ungewöhnliche Figurationen: geschosshohe, an Andreaskreuze erinnernde Verstrebungen von Eck- und Bundpfosten. Die lange Traufwand bildet ein wichtiges Element im Straßenbild. (k,s)
Darmstädter Straße 8
Traufständiges Wohnhaus mit nur einseitigem Krüppelwalm. Im Fachwerk des Obergeschosses über massiv erneuertem Erdgeschoss ein Feuerbock mit Ornament als Brüstungszier und ein geschnitzter Eckpfosten mit gedrehtem Tau, Schnecken und „Neidkopf“ entstanden im frühen 18. Jahrhundert. (k)
Darmstädter Straße 15
Eingeschossiges Wohnhaus, ursprünglich mit anschließendem Stall und Scheune, letztere zu Wohnungen umgebaut. Als Typus des Kleinbauern-, Ackerbürger- oder Auszüglerhauses repräsentiert das bescheidene Gebäude die Wohnform der unteren ländlichen Bevölkerungsschicht; Entstehung nach Inschrift 1746. (w)
Anmerkung: Die drei zusammenhängenden Häuser waren waren stark heruntergekommen und baufällig. Durch die Grundsanierung wurde aus dem Ensemble ein echtes Schmuckstück.
Darmstädter Straße 70: Villa Schott
Für das Kreisgebiet ungewöhnlich opulente Villa, erbaut möglicherweise in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts durch den Sektfabrikanten Löffler außerhalb des Ortes; später „Villa Schott“. Massiver, blockhafter Putzbau mit stark dimensionierten Sandsteinprofilen, flach geneigtes, weit übergehendes Dach. Im Erdgeschoß Eckquaderung, Fenstergewände hier aufwändiger als im Obergeschoß; dieses durch kräftiges Gesims abgesetzt. An der Nordseite Fenster in Form einer romanisierenden Rundbogenarkade. Die Südseite zum (jetzt verwilderten) Park mit möglicherweise nachträglichem, ursprünglich verglastem Altananbau mit offener Terrasse im Obergeschoss, Pfeiler mit auffälligen Löwenkopfmotiven; Inschrift ARCHITECTEN BEGAS u. HALLENSTEIN 1902. Einzige Villa dieses Typs in Dreieich, markanter Eingangsbau am Ortsrand. (k,g,s)
Anmerkung 2011: Wie den Zeitungen zu entnehmen ist, soll die Villa renoviert und im Garten verschiedene Gebäude errichtet werden. Drücken wir die Daumen, dass das Projekt in 2013 realisiert werden wird.
Anmerkung 2022: Was lange währt wird doch manchmal gut. Nach diversen Eigentumsübertragungen wurde der Garten der Villa mit modernen Geschosswohnungen bebaut und das Äußere des herrschaftlichen Hauses sorgfältig restauriert. Ein schönes Entree für Sprendlingen...
Hauptstraße 17: Rathaus
Verputzter Massivbau mit steilem Satteldach, Dachreiter mit Haubenlaterne und prägnanter Gestaltung der zur Hauptstraße ausgerichteten Giebelfront: über dem durch rustizierte Sandsteinverkleidung sockelartig betonten Erdgeschoss mit großem Rundbogentor auf Konsolen vorkragend ein ungewöhnlicher Erker mit Balustrade, fast über die gesamte Giebelbreite, ebenfalls aus Sandstein. Im Erker die Inschrift „Gg. Ph. Löffler und Hch. Ph. Hunkel 910“. Der hohe Giebel mit kleinem Krüppelwalm. Gesamtform und Details orientieren sich an lokalen historischen Bauformen. Proportionen und Umriss sind dem Fachwerkbau entlehnt (Seligenstadt), jedoch in andere Materialien übersetzt; Fassadensymmetrie und typische Attribute Erker und Dachreiter weisen das Rathaus aus. Die Architektur folgt dem ebenso in der benachbarten Villenkolonie Buchschlag anzutreffenden zeittypischen Trend zum Heimatstil. (k,g,s)
Anmerkung: Nach dem Umzug der Stadtverwaltung in das Dienstleistungszentrum wurde das Sprendlinger Rathaus mit Nebengebäuden einem Investor überlassen (Erbbaurecht), der das Haus denkmalgerecht renovierte und das Grundstück neu entwickelte. Die Umgestaltung des Areals, zurückhaltend-modernen Neubauten und der Rathausplatz mit den Pflastererdenkmal sind ein Beispiel, wie gute Stadterneuerung aussehen kann. Dem Architekten sei gedankt. Das Rathaus und der Rathausplatz stehen seit 2022 wieder in der Verfügungsgewalt der Stadt Dreieich.
Hauptstraße 19: Apotheke
Die wohl gleichzeitig mit dem benachbarten Rathaus 1910 erbaute Apotheke nimmt in Gestaltung, Proportionen und Materialien dessen Merkmale auf. Der städtebauliche Bezug wird durch den Eck-Erker hergestellt, so dass eine Ensemblewirkung entsteht. (s)
Hauptstraße 20
Traufständiges Wohnhaus mit überbauter Hofeinfahrt, in Sprendlingen und im Kreis außerhalb Seligenstadts seltener Hoftyp; eines der wenigen an der Hauptstraße erhaltenen Fachwerksgebäude. Im Sturzbalken die zum Teil unleserliche Inschrift: „...JOHAN HIN- RICH LIOPOLT DEN 3. MAI 1793...“. Im Obergeschoss zeittypisches konstruktives und gerades, hier besonders regelmäßiges Fachwerk und beidseitiger Krüppelwalm. Das Erdgeschoß ist, bis auf das Tor, durch moderne Ladeneinbauten vollständig verändert. (w,g)
Anmerkung: Die neuen Eigentümer dieses Anwesens haben mit großer Energie und finanziellen Aufwand das Haus saniert und renoviert. Bemerkenswert ist das Kellergewölbe unter dem Haus. Das Gasthaus "Zum Leopolt" ist eine echte Bereicherung für die Sprendlinger Innenstadt. Die Inschrift im Sturzbalken ist in dem Zitat oben übrigens nicht korrekt wiedergegeben. -->Lesen Sie selbst.
Hauptstraße 22/24
Einfaches, weitgehend erhaltenes giebelständiges Wohnhaus des konstruktiven Typs um 1800. Mit dem Nachbargebäude Nr. 20 und der gegenüberliegenden Gruppe Rathaus/Apotheke bildet das Haus eine „historische Insel“ in der während der Nachkriegszeit sehr stark veränderten Hauptstraßenbebauung. (g,s)
Anmerkung: Auch hier verdient der neue Eigentümer ein dickes Lob, dass er aus einer Ruine ein solches Schmuckstück machte. Die beiden Häuser daneben mussten der Sprendlinger "Neuen Mitte" weichen.
Hauptstraße 76
Obergeschoß des traufständigen Fachwerk-Wohnhauses mit prägnanten, weitgespreizten Mannfiguren, stehendem Dachstuhl und Krüppelwalmdach, entstanden um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Das Erdgeschoß durch neuen Ladeneinbau vollständig verändert. Das wohlerhaltene und qualitätvolle Obergeschoss bekommt durch die Ecklage städtebauliche Prägnanz und bildet gleichzeitig eine Markierung der früheren Ortsausdehnung nach Norden. (k,g)
Frankfurter Straße: Ruhe
Dreiteilige Ruhe aus Sandstein, bestehend aus waagrechten und senkrechten Hausteinen mit Eisenverklammerung für das Absetzen von Lasten, entstanden um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Der ursprüngliche Standort war an der Frankfurter Straße außerhalb der Ortslage. Als seltenes Verkehrsdenkmal von geschichtlicher Bedeutung. (g)
Offenbacher Straße: Ruhe
Dreiteiliger Ruhestein aus Sandstein, Entstehung um die Mitte des 18. Jahrhundert, vom ursprünglichen Standort außerhalb Sprendlingens an der Offenbacher Straße an den Parkplatz der B 3 in Richtung Langen versetzt; als im Kreis seltenes Verkehrsdenkmal von geschichtlicher Bedeutung. (g)
Anmerkung: Der oben beschriebene Parkplatz befindet sich auf Dreieichenhainer Gemarkung, daher wurde diese Ruhe im Abschnitt Dreieichenhain des Buches behandelt. Dieses Denkmal wurde 1996 von den Freunden Sprendlingens in die Grünanlage neben der Offenbacher Straße zurückversetzt.
Hellgasse 3
Giebelständiges Wohnhaus eines Hakenhofes, früher Vertreter des konstruktiven Typs um 1800, mit regelmäßiger Anordnung der Hölzer und Krüppelwalm; Relikte der vorangegangenen Epoche sind der leichte Geschossvorsprung mit abgerundeten Füllhölzern sowie K-Streben im Giebel. Mit Nachbargebäude 5 das Bild der Hellgasse bestimmend. (g,s)
Hellgasse 5
Wie Nachbargebäude Nr. 3 Typ des großvolumigen Wohnhauses mit geradem Fachwerk ohne Zierelemente, hier noch weiter entwickelt zum rein handwerklich-konstruktiven Gefüge, erbaut um oder kurz nach 1800, ebenfalls mit Scheune in Hakenhofform. Als wichtiges Element der relativ einheitlichen Hellgassenbebauung von städtebaulicher Bedeutung. (g.s)
Hellgasse 6
Ehemaliges Judenhaus, eingeschossiges giebelständiges Fachwerkhaus mit Krüppelwalm, im Giebel massiv verändert. Unter dem neuen Windfang eine hebräische Inschrift. In Verbindung mit dem nahegelegenen Judenbad wichtiges Dokument für die Geschichte des jüdischen Bevölkerungsanteils, typisch die sehr bescheidene Bauform. (g). Siehe Anmerkung unten.
Hellgasse 15: Mikwe - Jüdisches Ritualbad
Der überwölbte unterirdische Raum, heute in der Scheune des Anwesens, diente der jüdischen Gemeinde als Bad für rituelle Waschungen im Grundwasser. Eine Steintreppe, ursprünglich von einem über das Erdniveau herausragenden Backsteingewölbe überdeckt, jetzt größtenteils abgerissen, führt zu einer unteren plattenbedeckten Ebene, wo sich das Grundwasser sammelte. Eine höhergelegene, mit Backsteinen gepflasterte Ebene diente als Ablagefläche. Die Wände sind aus Bruchstein gemauert. Ein Schacht als Rauchabzug ermöglichte die Entfachung eines Feuers zu Heizzwecken.
Das Alter der Anlage ist nicht exakt bestimmbar. Eine jüdische Gemeinde bestand in Sprendlingen schon im 15. Jahrhundert; für das Bad ist eine spätere Entstehung anzunehmen, die jedoch vor Mitte des 19. Jahrhunderts anzusetzen ist, da zu dieser Zeit eine neue, heute nicht mehr vorhandene Synagoge mit Bad errichtet wurde. Die Mikwe ist aufgrund des hohen Seltenheitswertes von besonderer wissenschaftlicher und religionsgeschichtlicher Bedeutung. (w, g)
Lacheweg: Kriegerdenkmal
Vom ursprünglichen Standort auf den Friedhof versetztes Kriegerdenkmal aus Sandstein, Flammenschale auf hohem, quadratischem Podest
mit Gesims auf Sockel und reich profilierter Basis. Inschrift: „Zu Ehren der im Kriege gegen die Franzosen 1870/71 gefallenen tapferen Sprendlinger Soldaten.“ (k, g)
Anmerkung: Der ursprüngliche Standort war an der Gabelung der Hauptstraße in die Frankfurter-und Offenbacher Straße. Auf dem Podest befand sich dort eine
kanellierte Säule mit einer Pickelhaube.
Lacheweg: Judenfriedhof
Ummauerter Bereich innerhalb des Sprendlinger Friedhofes, bestehend seit 1861. Der Friedhof diente zunächst auch den Juden aus Dreieichenhain (bis zur Anlage des dortigen Friedhofes 1875) als Begräbnisstätte. Ca. 80-100 Grabsteine unterschiedlicher Größe aus dem 19./20. Jahrhundert, teils hebräische Inschriften. In Verbindung mit weiteren Zeugnissen jüdischer Kultur in Sprendlingen (Mikwe) wichtiges orts- und religionsgeschichtliches Denkmal. (g)
Lindenplatz 4
Eingeschossiges, vollständig erhaltenes Fachwerkhaus mit Krüppelwalm, Typ des einfachen Handwerkerhauses ohne landwirtschaftliche Nutzung. Das zugehörige Grundstück liegt hinter einer Nachbarparzelle ohne direkten Zugang von der Straße. Im Sturzbalken des traufseitigen Eingangs die Inschrift: „DEN 18. JULI 1812 HAT MICH ERBAUT WILHELM DIENER ZIEGLERMEISTER D.S.L.“ (w, g)
Sprendlinger Weg 22/24
Fachwerkhaus des 17. Jahrhunderts, nach dendrochronologischer Untersuchung 1679, mit im Obergeschoss nahezu ungestörtem Gefüge von handwerklich solider Konstruktion mit altertümlichem Dachstuhl. Am westlichen Giebel leicht versetzt anschließend ein etwas jüngerer, im Erdgeschoss massiver Fachwerkbau. Das sogenannte „Schwedenhaus“ als einer der ältesten Bauten Sprendlingens besitzt lokalen Seltenheitswert und geschichtliche Bedeutung. (w,g)
Anmerkung: dieses Haus war jahrzehntelang eine Ruine. Es ist bewundernswert, mit welchem Aufwand dieses Haus renoviert bzw. rekonstruiert wurde. Zusammen mit dem benachbarten Haus im Sprendlinger Weg 20, das nicht unter Denkmalschutz steht, ist es vor dem Hintergrund des Kirchturms eine Augenweide.
Sprendlinger Weg 11
Fachwerkwohnhaus um 1800 mit Ladenanbau um 1900. Das Fachwerk teilweise verändert, ein früheres Zahnschnittprofil durch neue, profilierte Verschalungsbretter ersetzt. Bemerkenswert die Kombination mit dem ursprünglichen Metzgerladen. Dieser mit vorgesetzter Backsteinfassade, im Inneren die Kachelung des beginnenden 20. Jahrhunderts mit jugendstilartigen blau-weißen Blütenmotiven original erhalten; ein seltenes Beispiel für das Eindringen städtischer Bauformen in den ländlichen Bereich. (k,g)
Tempelstraße 1: Evangelisches Pfarrhaus
Großvolumiger traufständiger Bau, gegenüber der Kirche den Lindenplatz beherrschend. Trotz des schmucklosen, rein konstruktiven Fachwerks repräsentative Wirkung durch hohen massiven Sockel und zweiläufige Eingangstreppe, hohe Geschosse und klare symmetrische Fassadengliederung. Das umfangreiche zugehörige Gelände des 1779/80 als Forstamt errichteten Anwesens von teils neuerer Mauer umgeben, in diese eingemauert drei Sandsteintorpfosten mit geschwungenem Aufsatz. (k, g, s)
Tempelstraße 2: Evangelische Pfarrkirche
Schlichter Saalbau an der Südseite des Lindenplatzes in erhöhtem, von einer teils erneuerten Mauer umgebenem ehemaligem Wehrkirchhof, 1716-18 anstelle einer älteren Laurentius-Kirche errichtet. Ein möglicherweise gotisches Portalgewände kürzlich in der östlichen Außenwand freigelegt. Über dem dreiseitigen Chor ein verschieferter Dachturm mit Haubenlateme, das Langhaus mit der Schmalseite zum Lindenplatz orientiert; von dort eine Freitreppe zum Eingang mit profiliertem, verziertem Sandsteingewände und Sprenggiebel mit Isenburger Wappen, im Sturz Datum und Inschrift. Innen hölzerne Empore von 1832, holzgeschnitzte Laurentiusstatue des 18. Jahrhunderts und frühklassizistischer Grabstein von 1792; jüngst freigelegt Reste einer Wandbemalung um 1730. (k, g, s)
Auf der Ortsseite östlich der Strecke geduckter Typenbau von 1904-05 (wie Bahnhof Götzenhain) mit offenen Wartehallen auf Stützpfeilern, Giebeln zum Gleis und Uhrtürmchen zur Stadt. Nach Süden Güterschuppen mit sichtbarer Dachkonstruktion; Rangier- und Fahrbetrieb durch Flügelsignale gesichert.
Einheitlich gestaltete Sachgesamtheit von Kirchenschiff, Campanile, Gemeindesaal und Pfarrhaus, errichtet 1957 nach Plänen des staatlichen Baurats Dipl.-Ing. Ludwig Jakob (Neu-Isenburg).
Kirchenraum mit Satteldach über Betonbindern, geschwungene, auf dünnen Rundpfosten ruhende Empore mit figurenreichen Reliefs in der Brüstung. Diese stammen von dem Maler und Bildhauer Helmuth Uhrig.
Anmerkung Hellgasse 6
Das Haus wurde 2020 (?) verkauft. Die neuen Besitzer hatten den Türsturz im Rahmen der Umbauarbeiten
freigelegt. Anstatt einer hebräischen Inschrift war dort zu lesen: BAUT MICH IOH(ANN) HENRICH ELSINGER /
1772. Henrich
Elsinger (1733-1802) war Sohn des Hanß Henrich Elsinger (geb. 1708), der aus Örlikon in der Schweiz stammte. Henrich Elsinger wurde 1793 in einer Urkunde als Bürgermeister von Sprendlingen
bezeichnet, der aber seine Abrechnungen vom Oberschultheißen Kloepper genehmigen lassen musste. Im Brandkataster Sprendlingen werden die Eigentümer des Hauses zwischen 1824 und 1900 genannt.
Interessanterweise sind darunter zwei Juden: Jonas Goldschmidt (1843) und Abraham Goldschmidt (1845). Jonas Goldschmidt starb 1850 in Sprendlingen. Sein Sohn Abraham (1816 - 1894) ist der einzige
Abraham Goldschmidt, zu dem ein Hausbesitz 1845 passt. Die letzte in dem Brandkataster genannte Person, Wilhelm Schäfer 4.(1845-1918) wird im Familienbuch Sprendlingen als in der Hellgasse 6
wohnhaft bezeichnet. Seine Tochter Katharina (1877-1953) heiratete einen Georg Schmidt 8.(1876-1959), der nach dem Familienbuch ebenfalls in der Hellgasse 6 wohnte. Deren drittes Kind war
Margarete (geb. 1908), die wiederum einen Georg Frank heiratete. Deren Tochter hieß Margarete. Sie war mit Ferdinand Schwarz verheiratet. Die
neuen Eigentümer kauften
das Haus 2019 von deren Tochter. Liste der Bewohner/Eigentümer Hellgasse 6. Lore Schwarz
wird für die intensiven Recherchen zum Thema gedankt. Das Bild rechts wird mit Einverständnis der Rechteinhaber publiziert,
Es gibt noch eine Reihe weiterer Fachwerkhäuser in Sprendlingen, die nicht unter Denkmalschutz stehen, die aber durchaus erhaltenswert sind. Hier eine Auswahl:
Tempelstraße 3 | Sprendlinger Weg 20 | Sprendlinger Weg 13 |
Sprendlinger Weg 14 | Sprendlinger Weg 6/8 | Darmstädter Straße 25 |
Darmstädter Straße 22 | Darmstädter Straße 17 | Darmstädter Straße 10 |
Christoph-Hellwig-Straße 3 | Lindenplatz 9 | Bangertsgasse 4 und 2 |
Hauptstraße 35a | Hauptstraße 7 | Alberusstraße 1 |