Die Erasmus-Alberus-Kirche am Lindenplatz ist die älteste Kirche in Sprendlingen. Sie besitzt eine komplexe Baugeschichte, die in diversen Beschreibungen nachvollziehbar ist. Wir haben uns für diese Seite für ein kurzes Manuskript aus dem Fundus unseres Ehrenmitglieds Arno Baumbusch entschieden. Ausführlichere Informationen kann man per Kick auf das Bild dem Artikel "Ein Stück Sprendlinger Kirchengeschichte" von Pfarrer Ernst-Ludwig Schmidt aus der Festschrift anlässlich der Wiedereinweihung der Erasmus-Alberus-Kirche am 9. März 1986 entnehmen, insbesondere über die Kirchenrenovierung in den 1980er Jahren. Auch hat Heinrich Runkel in der Landschaft Dreieich 1988, S. 44 einen Artikel über die Geschichte der Erasmus-Alberus-Kirche verfasst.
Hören Sie HIER das Geläut der Kirche.
Es fehlen noch die Beschreibung der Renovierungsarbeiten nach 2000.
ERASMUS-ALBERUS-KIRCHE (Führung durch Arno Baumbusch)
Um in das Innere zu gelangen betreten wir die hohe Treppe. An ihrem oberen Ende wird sie von einem barocken Eingangsportal gekrönt. Getragen von profilierten und verzierten Sandsteingewände sehen wir einen sogenannten Sprenggiebel verziert mit
dem Ysenburg-Büdinger Wappen. Der Türsturz ist mit einer Inschrift versehen.
Sie lautet:
J P G Z Y V B und der Jahreszahl des Kirchenumbaus 1716.
Die Initialen bedeuten: J-ohann P-hilipp G-raf Z-u Y-senburg V-nd B-üdingen.
Unmittelbar über der Tür finden wir einen Hinweis auf die Bibelstelle ECCL, IV, 14:
Bewahre deinen Fus wan du zum Hause Gottes gehest.
Die heutige Kirche bekam ihr Gesicht durch eine Vergrößerung ihrer Vorläuferin in den Jahren 1716-18. An der Außenseite an zwei Stellen zu erkennen. Einmal oben an den Ansatzstellen des Dachgesimses und zum zweiten an den bei der Renovierung 1984 freigelegten Resten von Gewändestücken des ehemaligen Einganges. Diese bezeugen den frühgotischen Baustil der damaligen Kirche.
Eine auf dem Dachboden gefundene weiße Marmorplatte wurde 1984 an der Außenwand der Sakristei angebracht. Sie erinnert an die Gefallenen und Teilnehmer des Krieges von 1870-71.
Vom ehemaligen Kirchhof sind nur noch einige der alten Grabsteine aus rotem Sandstein erhalten geblieben. Diese wurden im Auftrag der „Freunde Sprendlingens“ renoviert und an der westlichen Seite der Kirche wieder aufgestellt. Damit kann verdeutlicht werden, dass hier einmal ein Kirchhof war. Die letzte Beisetzung war 1850. Bei einer Ausgrabung im Bereich des ehemaligen Kellereinganges durch die „Freunde Sprendlingens“ fand man einen Grabstein bei dem der Verstorbene, durch einen Schriftfehler des Steinmetzes früher verstorben als geboren war.
Die Inschrift lautet:
HOCHGREFL SCHULTEIS GEWEST HERR SCHULTEIS
GEORG ERNST NEUWIRD
GEBORN AO 1770
GSTORBEN AO 1723
ALT 53 JA
Da der Todestag nachweislich 1723 war, muss also das Geburtsjahr 1670 lauten.
HIER weitere Informationen zu den Grabsteinen im Kirchgarten
In der Kirche
Zuerst möchte ich ihnen etwas aus der Vergangenheit erzählen. Wie wir wissen hatte diese Kirche eine Vorgängerkirche aber diese Kirche war bestimmt nicht die, die König Ludwig der Deutsche zu seinem Seelenheil dem Salvatorstift zu Frankfurt
stiftete. In einer Urkunde aus dem Jahre 880 bestätigte sein Sohn König Ludwig der Jüngere diese Schenkung. Es ist aber unwahrscheinlich dass diese Vorgängerkirche über 850 Jahre alt gewesen sein sollte. Heutige Vermutungen gehen dahin, dass an der gleichen Stelle früher eine Fachwerkkirche gestanden hat.
Die Grundsteinlegung zum Erweiterungsbau der Vorgängerkirche war am 15. April 1716. Am 24.Oktober 1716 wurde ein Steinkreuz, das ehemals auf dem Giebel der alten Kirche stand als Grundstein des neuen Chores benutzt. Es wurde an der Ecke
zum alten Schulhaus hin verlegt. Es war vermutlich die Schule, die 1758 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.
Wir sehen, dass die heutige Kirche ein ganz schlichter Saalbau ist. Sie wurde nach Norden erweitert. Die etwa 12 Meter lange Wand wurde abgebrochen und die Kirche „nach dem Dorf zu“ erweitert. Der alte Altar stand ehemals im Osten. Ausgrabungen bestätigten, dass kein Chor vorhanden war. Wann die südliche Wand der Kirche abgebrochen und der heutige Chor angebaut wurde ist in den Berichten über Kirchenumbauten nicht angegeben. An der Seitenwand des Chores steht der frühklassizistische Grabstein des 1719 geborenen und 1792 verstorbenen Oberpfarrers C. W. Machenhauer. Er war 37 Jahre in Sprendlingen tätig.
1739/40 erhielt die Kirche eine neue Ausmalung. Diese Arbeiten dauerten fast ein Jahr und wurden von Johann Peter v. Eisenberg ausgeführt. Reste davon wurden 1985 bei einer Renovierung freigelegt.
1772 wurden die alten Fenster von ca. 100/261 cm auf 138/413 cm vergrößert. Bei diesem Umbau wurde auch ein weiteres Fenster gebrochen wobei der alte Eingang, der Vorgängerkirche in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der gräfliche Bauinspektor Nicks erwähnte auch, dass über den großen, kleine ovale Fenster vorhanden waren.
Über dem Chor erhebt sich der mit Schiefer gedeckte in Form einer sogenannten Haubenlaterne gestaltete hölzerne Kirchturm. Dessen vierte Seite also die über dem Kirchenschiff wird von einem mächtigen Eichenbalken getragen und wenn die Kirchenglocken läuten schwingt sichtbar der Turm mit. Dies wurde bewusst so konstruiert sonst wäre der Turm schon lange zusammen gebrochen.
Die Empore wurde 1832 errichtet und war früher nur von außen zugänglich. Vor ihr stand, bis in die Neuzeit unbeachtet und weiß übertüncht, die aus Lindenholz geschnitzte Laurentiusstatue. Vermutlich stand sie ursprünglich auf dem Kanzeldach der alten Kirche. Diese war zwar dem hl. Laurentius geweiht aber sie trug nie dessen Name. Der hl. Laurentius (Lorenz) hält in der rechten Hand einen Feuerrost, das Attribut des Martyriums (258) und ist Schutzheiliger der Armen und Alten. Am Sonntag nach dem Laurentiustag (10. August) feiern die Sprendlinger ihre Kerb (Kirchweihtag).
Die Innenansicht der Kirche um 1925 muss man sich wie folgt vorstellen: An der Decke hingen herablassbare Kronleuchter. Im Chor unverzierte einfache Fenster. Hinter dem Altar das Sakristei-Häuschen mit der Kanzel obenauf. Links und rechts davon große religiöse Bilder. Ein schwerer massiver Altar mit dem seitlich stehenden Taufbecken. Rechts und links im Kirchenschiff die beiden Regulier-Öfen mit den langen Abzugsrohren. Altes Gestühl und abgeteilte Sitzplätze im Chor für Kirchenvorsteher (links) und Pfarrfamilie (rechts) mit Petroleum-Lampen.
1832 wurde die Empore gebaut die damals aber nur von außen zugänglich war. Gleichzeitig wurde eine größere Orgel angeschafft. Im ersten Weltkrieg mussten die großen Orgelpfeifen abgeliefert werden. Neue wurden erst 1920 wieder eingesetzt. Diese konnten aber nur bis zum 2. Weltkrieg ihre Stimmen erklingen lassen, den sie mussten wiederum abgeliefert werden und Ersatz gab es erst 1948.
Auch die drei in Bronze gegossenen Glocken hat man im ersten Weltkrieg geholt. Dazu eine kleine Geschichte: Um neue Glocken zu beschaffen zu können machte man in Sprendlingen eine große Geldsammlung und man ging auch in das jüdische Futtermittelgeschäft Wolf. Herr Wolf spendete eine größere Summe unter der Bedingung, dass an seinem Sterbetag diese Glocken läuten sollten und so geschah es auch. Es war das erste und wohl einzige mal, dass die ev. Kirchenglocken bei der Beerdigung eines Juden läuteten.
Die 1920 neu angeschafften drei Glocken wurden in Eisen gegossen und deshalb im 2. Weltkrieg nicht beschlagnahmt. Ihre Inschriften lauteten: „Ehre sei Gott in der Höhe“ (große Glocke), „Friede auf Erden“ (mittlere Glocke), „und den Menschen ein
Wohlgefallen“ (kleine Glocke). HIER das Glockengeläute
Die alte Inneneinrichtung der Kirche wurde so nach und nach entfernt und durch modernere Sachen ersetzt. Wie z.B. die sehr schönen Chorfenster. Sie wurden nach Entwürfen des Herrn Pfarrers Heinrich Wilhelm Petry (Pfarrer dahier von 1930 - 1941) von Prof. Linnemann 1941 gestaltet. Die Symbole bedeuten: Fisch - Die zehn Gebote - Rost des Laurentius - Erntedank - Reformation - Jüngstes Gericht im Osterfenster. Weinstöcke im Karfreitagsfenster - und Advent - Die heiligen drei Könige - Frühjahr - Dornenkrone - Abendmahl - Himmelfahrt im Weihnachtsfenster.
Durch eine 1944 in den Pfarrgarten gefallene Fliegerbombe wurde eine große Anzahl von Glasscheiben an den Kirchenfenstern zertrümmert. Die Ordnungsgemäße Behebung des Schadens konnte erst 1950 erfolgen.
1950 wurde auch die Orgel durch die Firma Förster & Nicolaus aus Lich erneuert. Das alte klassizistische Gehäuse, aus dem Jahr 1832 wurde mit 24 klingenden Register versehen.
Die Sprendlinger Firma H. Wurm ersetzte 1956 den durch einen starken Sturm im Jahr 1955 abgerissenen Kirchturmhahn.
Erst 1957 bekam unsere Kirche durch Pfarrer Weber ihren heutigen Namen „Erasmus-Alberus-Kirche“.
Fotos der Glocken im Turm der Erasmus-Alberus-Kirche