Vorgeschichte
Bei der Suche nach dem Heckenborn schauten die Freunde Sprendlingens vor einiger Zeit die Gräben des Entwässerungssystems vom Bornwald/Heckenborn an. Auf dem Luftbild (unten) aus dem Jahr 2015 erkennt man links den Hengstbach, oben in der Mitte die neu angelegte Straße "Am Heckenborn", rechts die Autobahnbrücke und den Kompostplatz. Dieses Gebiet wird durch einen Graben entwässert, den wir der Einfachheit halber "Bornwaldgraben" nennen. Das heutige Grabensystem nimmt seinen Anfang östlich der Autobahn, an der Kreuzung an der östlichen Rampe der Autobahnbrücke. Auf der nordöstlichen Seite der Kreuzung findet man ein gepflastertes Becken, in welches ein Rohr (mit Froschklappe) hineinragt. Es handelt sich um den Überlauf des Wasserhochbehälters auf der Hub. Die Kreuzung wird unterquert. Der Graben führt zur Autobahn, unterquert diese, passiert das neue Regenrückhaltebecken der Autobahnentwässerung und verläuft ein Stück parallel des Neuhofwegs zum Spielplatz an der Schulstraße. Bis in die 1960er Jahre floss das Wasser durch die "Hohl", einem Hohlweg, der in die Herrnröther Straße mündet. Danach wurde das Wasser des Bornwaldgrabens unter der Christoph-Hellwig-Straße und dem Lindenplatz in den Hengstbach geleitet. Heute fließt es in das Sprendlinger Kanalsystem (wg. Abwasser der Autobahn?).
Nirgendwo war in dieser Gegend jedoch ein Born zu finden, welcher der Heckenborn gewesen sein könnte. Ich hatte die Vermutung, dass er sich möglicherweise an einer nassen Stelle unweit der Autobahnbrücke zum Kompostplatz befand, konnte dies aber nicht belegen. Ein neuer Anlass für die Suche war eine Information von Heinrich Claus, dass in der Nähe des Kompostplatzes ein Graben am Weg auch in der trockenen Zeit stets mit Wasser gefüllt sei. Diese Stelle ist mit einem Gelben Punkt auf der Karte gekennzeichnet. Ein roter Punkt (auf allen folgenden Karten) markiert den Beginn der westlichen Rampe der Autobahnbrücke.
Es war bekannt, dass dort der Überlauf des des 1906 errichteten Wasserreservoirs war, das sich etwas weiter östlich befand. Da das Reservoir mit dem Neubau des jetzigen Hochbehälters auf der Hub in den 1970er Jahren stillgelegt wurde, konnte es auch keinen Überlauf dort mehr geben. Nichtsdestotrotz machten wir uns mit Generator und Pumpe auf, um den Graben leer zu pumpen. Wir wollten sehen woher das Wasser kommt. Als der Wasserspiegel unter einem bestimmten Niveau angelangt war, sahen wir die Quelle an der Ostseite des Grabens sprudeln! Wir legten dann beim vorsichtigen Graben ein verrostetes Eisenrohr frei. Das konnte wohl kaum der Heckenborn sein. Nach dem Abstellen der Pumpe füllte sich der Graben wieder mit Wasser.
Recherchen
Wir sprachen mit einem Mitarbeiter der Dreieicher Stadtverwaltung über den Heckenborn. Er vermutete, dass er an einer nassen Stelle südöstlich der Straße "Am Heckenborn" gelegen war und verwies auf ein querliegendes längliches Grundstück, das nicht in den Verlauf der Äcker passt. Dies war für uns Anlass etwas gründlicher zu recherchieren. In seinem Flurnamenverzeichnis (Lit. Nahrgang (4) schreibt Nahrgang bei Heckenborn: "Heute noch eine wasserreiche Stelle an der Südwestspitze des ehem. Bornwaldes. ... Der Heckenborn entwässert durch den Gänsgraben" und bei Gänsgraben: "Grenzt die Oberwiesen nach Westen gegen die Feldflur ab. Er bekommt sein Wasser aus dem Heckenborn."
Das war interessant: der Heckenborn wird nicht durch den Bornwaldgraben entwässert, sondern durch den Gänsgraben. Die nächste Frage war, wo dieser Gänsgraben in der Sprendlinger Gemarkung verlief. "Am Gänsgraben" heißt eine Straße am Sprendlinger Friedhof. Ein altes Messtischblatt gab weitere Informationen (links):
Über und unter dem "r" von "Sprendlingen" ist ein Graben eingezeichnet, der zunächst nach Norden und dann weiter Richtung Friedhof zieht. An der Straße "Am Gänsgraben" vorbei führt er zur Frankfurter Straße, an deren Ostseite er das Wasser in den Schlagsbach leitet. Auf der Karte ist die Kurve Hauptstraße/Darmstädter Straße mit einem grünen Punkt und der jetzige Ausgangspunkt der westlichen Rampe der Brücke über die Autobahn mit einem roten Punkt gekennzeichnet. Am Anfang des Gänsgrabens müsste laut Nahrgang der Heckenborn gesprudelt sein. Weitere Informationen waren der Sprendlinger Gemarkungskarte aus den 1970er Jahren zu entnehmen. Hier ist der Verlauf des Gänsgrabens gut zu erkennen. Der Abschnitt, der parallel zur Straße an der Schulwiese durch die Gärten verläuft, ist heute verrohrt. Ausschlaggebend für die Fragestellung war jedoch wieder einmal die Laserscankarte (oben rechts), die vor dem Baubeginn des Heckenborngeländes aufgenommen wurde. Hier sieht man rechts unten die Rampen der Brücke über die Autobahn (roter Punkt). Der Verlauf des Gänsgrabens ist gut erkennbar (Pfeile). Am Ende des Gänsgrabens
Durch eine Vergrößerung des Laserscans und ein Vergleich mit einem Luftbild kann man den Ort des Heckenborns gut identifizieren (gelber Pfeil). Auf der Pferdekoppel südlich des ehemaligen Borns ist vor Ort eine feuchte, flache Senke zu erkennen, die wahrscheinlich nicht zum Bornwaldgraben entwässert wird.
Die Expedition zum Heckenborn
An der Ostseite der Straße "Am Heckenborn", in der Fortsetzung der "Grünen Mitte" des Baugebietes, findet man einen Kanaleinlauf mit einem (neu angelegten) Graben in südöstlicher Richtung. Seinem Verlauf kann nicht gefolgt werden, weil das Gelände mit Brombeeranken überwuchert ist. Aus den Bildern oben kann jedoch entnommen werden, dass das gesuchte Ende des Grabens hinter einer großen Eiche in einer dichten Brombeerhecke zu finden ist. Gut geschützt mit dicker Jacke, Handschuhen und Gummistiefel bahnten wir uns einen Weg durch die Hecken zum Ende des Grabens. Dort sammelte sich das Wasser unter unseren Gummistiefeln. Dies war die wasserreiche Stelle, von der Nahrgang berichtete. Der Heckenborn war gefunden! Er macht seinem Namen alle Ehre.
Nachtrag 3/2018: Eine Anfrage bei den Natur- und Wasserschutzbehörden, ob man an dieser Stelle einen öffentlich zugänglichen Brunnen rekonstruieren könnte, wurde abschlägig beschieden. In Gesprächen mit der Stadtverwaltung, wurde unser Vorschlag akzeptiert, einen besser zugänglichen Brunnen auf städtischem Gelände anzulegen. Konkret sieht die Planung ein dreieckiges Grundstück am vorgesehenen Verbindungsweg zur Autobahnbrücke vor, auf dem der Brunnen stehen soll. Das Vorhaben wurde im März 2018 im Dreieicher Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Energie von uns vorgestellt. Die Offenbach-Post und die Frankfurter Neue Presse berichteten am 28.3.2018 über den "Neuen Heckenborn".
Am 27.9.2019 war es dann soweit. Zusammen mit der Eröffnung der Grün- und Spielflächen wurde der neue Heckenborn-Brunnen eingeweiht. Im Beisein von Bürgermeister Burlon und Stadtverordnetenvorsteherin Bettina Schmidt wurde vor großem Publikum das Wasser aus der Pumpe in das Becken fließen lassen. Vorher hatte ich Gelegenheit, die Historie dieses Brunnens zu rekapitulieren und die Informationstafel zu enthüllen.
Die gebogene Sandsteinplatte stammt aus der Sprendlinger Alberus-Kirche. 1969 wurde dort eine neue Kanzel aus Sandstein eingebaut. Es zeigte sich jedoch, dass diese die Altarraumnutzung zu stark einschränkte. Bei der nächsten Renovierung 1985 wurde der Altar wieder entfernt und dessen Teile im Kirchgarten abgelegt. 2016 wurden sie mit Hilfe der Steinmetzfirma Burkard im Hof des Gemeindehauses gesichert. Im Rahmen der Diskussion um den Heckenborn-Brunnen wurde entschieden, diesen Kanzelstein dafür zu benutzen. Die Firma Burkard richtete den Stein so her, wie man ihn jetzt auf dem Platz vorfindet. Parallel dazu wurde der Brunnen gebohrt und der Platz angelegt. Lesen Sie hier einen Artikel aus der Offenbach-Post.