Sprendlingen
wurde um 840 zum ersten mal schriftlich erwähnt. Es ist aber
-als alemannische Gründung- wesentlich älter.
Ausführlichere dokumentarische Informationen über die
Bewohner liegen erst in Form von Kirchenbüchern aus der Zeit
nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 -
1648) vor. Dieser Krieg forderte auch in Sprendlingen
große materielle und personelle Opfer. Durch
Kriegshandlungen, Hunger und Krankheiten kam ein großer Teil
der Dorfbewohner ums Leben. Nach dem Krieg suchte die Isenburgische
Obrigkeit durch Ansiedlung von Menschen aus Gebieten, die nicht so
stark vom Krieg betroffen waren, die Einwohnerzahl wieder zu
erhöhen.
Wendelin
Kieffert war im Jahr 1613 in Durlach zu Baden geboren, geriet also
schon in seiner Jugend in die Wirren des 30jährigen Krieges,
nahm dann selbst Kriegsdienste an und focht den ganzen Krieg
von etwa 1630 bis zum Schluss mit und zwar, obgleich er
katholischer Religion war, auf schwedischer Seite unter dem Herzog
Bernhard von Sachsen-Weimar im Regiment des Grafen von Isenburg als
Leutnant zu Pferd. 1650 wurde Wendelin Kieffert vom Isenburger Grafen
zum Oberschultheiß und Vogt von Sprendlingen ernannt.
Der
Bestallungsbrief vom 6. November 1650 lautet:
Wir Maria Magdalena Graevin zue
Isenburg und Büdingen, geborene Graevin zu Nassaw Wispaden und
Itzstein, Wittib und Vormünderin p.
Unt wir Johann Ludwig Grave zu
Isenburg undt Büdingen p. Thun Kundt hiermit bekennendt,
daß wir den Ehrsamen Wentzel Küfferten von Durlach
aus der Marg-Grafschaft Baden bürtig, zu unserem
Schultheiß nacher Sprendlingen gn. Uff. undt ahngenommen
haben etc. etc. (folgt Instruktionen)
gez.
Maria Magdalena
Graevin zu Isenburg
und Büdingen, geb.
Graevin zu Nassaw Wis-
paden und Itzstein.
|
gez.
Joh. Ludwig
Grave zu Isenburg
und Büdingen.
|
Wendelin
Kieffert muss schon gegen Ende des 30jährigen Krieges
- etwa 1645 - geheiratet haben, da sein ältester Sohn Martin
im Jahre 1658 als "12 Jahre alt" in Sprendlingen konfirmiert wurde,
also 1646 geboren sein wird; wer seine Gattin war, ist bis jetzt nicht
festzustellen gewesen, die Trauung mag wohl auf einem Kriegszuge
gewesen sein.
Für Sprendlingen ist es
bemerkenswert, dass sich da eine ganze Kolonie von ehemaligen
schwedischen Kriegsleuten angesiedelt zu haben scheint. Andere Quellen
berichten, dass es Pfälzer gewesen sein sollen, die er nach
Sprendlingen geholt haben soll. Man nimmt an, dass von ihnen der
spezifische Sprendlinger Dialekt rührt, der sich deutlich von
dem der Nachbarorte unterscheidet. Bemerkenswert ist, dass er der
Schultheiß des Territorialherren Isenburg-Büdingen
war. Daneben gab es noch den Gerichtsschultheiß, der von dem
Landgrafen von Hessen-Darmstadt eingesetzt wurde, der aufgrund alter
Catzenellnboger Verträge die Gerichtsrechte in Sprendingen
besaß. Rechts ist das Sprendlinger Gerichtssiegel abgebildet.
Wendelin Kieffert hatte seinen
Amtssitz wahrscheinlich in dem Haus mit der heutigen Adresse Vogtei 1,
das damals etwas außerhalb des eigentlichen Ortskerns stand.
Das Haus existiert heut noch, allerdings erlitt es im 2. Weltkrieg
schwere Bombenschäden. In den 1960er Jahren wurde die marode
Fachwerkfront durch Hohlblocksteine ersetzt und anschließend
verputzt.
Es
ist anzunehmen, dass die 10 Kinder von Wendelin Kieffert dort
aufwuchsen: Martin, Anna Margaretha, Catharina, Jacob, Christian,
Ursula Christina, Amalia, David, Johanette Christina und Elisabeth.
Diese vermehrten sich ebenfalls recht fleißig.
Wendelin Kieffert ist nicht nur der Ahnherr der
Kiefer-Familien in Sprendlingen (sowie Dreieichenhain und Dietzenbach).
Die meisten "eingeborenen" Sprendlinger stammen mehr oder weniger
direkt von Wendelin Kieffert ab, tragen also seine Gene in sich.

Im
Fürstlich Isenburgischen Archiv in Birstein werden eine Anzahl
Berichte und Abrechnungen aufbewahrt, die sein Familienwappen und seine
Unterschrift überliefern. Das Wappen zeigt ein Schild mit zwei
symbolisierten Rosen links und einem etwas langgezogenen Löwen
rechts. Auf dem Schild ist oben ein mit einem weiteren
Löwen verzierten Helm angebracht. Briefe verschloss er mit
einer Petschaft (Siegelring) mit gleichem Wappen. Er unterschrieb
interessanterweise mit "Wentzel Küffert". Offensichtlich nahm
man die Rechtschreibung nicht zu genau. Irgendwann ist daraus
"Kiefer" geworden.
Das
Kirchenbuch von 1681 zeigt folgenden Eintrag zu seinem Tod:
Wentzel Kieffert hiesiger
Schultheißen catholischer Religion ist nach ausgestandener
langwieriger Kranckheit noch nach christlichem Glauben i. J. gestorben
d. 20 ten April undt den 22 ten ejusdem christl. bestattiget worden
seines Alters 68 Jahre. Gott wolle Ihme eine selige auferstehung geben.
Interessanterweise findet man in
Dreieichenhain (!) in der Spitalgasse 3 an einem Fachwerkhaus eine
schön gestaltete "Chronik
der Familie Kiefer" (Foto: Gernot Schmidt). Es ist
bemerkenswert und erfreulich, dass sich ein Haaner auf seine
Sprendlinger Abstammung beruft und das auch noch in dieser Form
dokumentiert.