- Sprendlingen
war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein
armes, kleines Bauerndorf. Durch das Bevölkerungswachstum und
die
unglückselige Realteilung des Grundbesitzes im Erbfall wurde
die
Basis des bäuerlichen Einkommens immer geringer. So mussten
sich
Mitte des 19. Jahrhunderts viele Sprendlinger Bauersöhne
in den Fabriken der nahen großen
Städte Arbeit
suchen. Sprendlingen entwickelte sich zu einer Arbeitergemeinde, in der
viele Einwohner nebenberuflich Landwirtschaft betrieben. Insbesondere
im damals blühenden Baugewerbe kamen viele Sprendlinger unter,
man
sprach von dem Dorf der Maurer und Pflasterer. Der Weg nach Frankfurt
oder Offenbach war weit und beschwerlich, deswegen war man froh, dass
sich im Laufe der Zeit kleinere bis mittlere Handwerks- und
Industriebetriebe in Sprendlingen ansiedelten. Als
Initialzündung
für die weitere Industrialisierung Sprendlingens erwiesen sich
der
Bau der Dreieich-Bahn 1905 und die Errichtung des Gas- und Wasserwerkes
an der Eisenbahnstraße im Jahr 1906. Bürgermeister
Dreieicher (Amtszeit 1900-1928) hat diese
Infrastrukturmaßnahmen
gegen erheblichen Widerstand durchgesetzt. Man kann also unterscheiden
zwischen der Industrieansiedlung vor und nach dem Bau der Dreieichbahn.
Als erstes Beispiel
für die "frühe" Industrialisierung ist hier
die 1847 von Christoph Müller II
gegründete
"Wurstfabrik
Müller" zu
nennen. Hier wurden zum ersten Mal in
industriellen Maß die bekannten "Frankfurter
Würstchen"
hergestellt. Um 1895 arbeiteten dort 40 Metzgergesellen und
schlachteten wöchentlich ca. 100 Schweine. Die
Jahresproduktion betrug
über 6 Millionen Würstchen. Die
repräsentative Fabrikantenvilla der Familie
Müller (Hauptstraße 38) in
Sprendlingen ist nach ihrer Renovierung heute ein Schmuckstück
für die Innenstadt. Aufgrund der Konkurrenzsituation wurde die
Geschäftstätigkeit in den 1930er Jahren eingestellt.
Es gibt zwischen Sprendlingen und
Neu-Isenburg eine Auseinandersetzung, wo die Frankfurter
Würstchen
zum ersten Mal industriell hergestellt wurden. Die Forschungsergebnisse
sind eindeutig:
Natürlich in Sprendlingen. Lesen Sie mit einem Klick auf die
Abbildung eine Ausarbeitung von Hans Ludwig Schäfer zu diesem
Thema.
Der
Pflasterermeister
Jean
Bratengeier aus
Sprendlingen machte sich
1888 in Frankfurt selbstständig und gründete dort
eine
Baufirma, in der viele Sprendlinger ihre Arbeit fanden. Seit geraumer
Zeit hat die Firma ihren Sitz im Buchschlager Industriegebiet. Lesen
Sie nach dem Klick auf das Bild, was Gerhard Störmer zur Firma
Bratengeier
zusammengetragen hat.
1865
beginnt der
Sprendlinger Georg
Adam Loeffler,
Wirt des Gasthauses
mit Brauerei „Zum Adler“ in der
Darmstädter- Ecke Hauptstraße mit der Herstellung
„Moussierenden Weines“. Der hergestellte
Sekt findet
so
großen Zuspruch, dass die Produktionsstätte in die
Darmstädter Straße, Ecke Hainer
Chaussee, verlagert wird. Dort besaß die Familie
Löffler
einen Gutshof mit Gasthaus und Brennerei mit dem Namen "Zum Trauben".
Die Geschäfte der Sektfabrik liefen bis zum 1.
Weltkrieg sehr gut. Die "Villa Schott" zeugte von dem unternehmerischen
Erfolg. In der Zwischenkriegszeit und im zweiten Weltkrieg sah sich die
Firma großen finanziellen Problemen ausgesetzt. 1953 begann
die erfolgreiche Vermarktung insbesondere des Löffler
Erdbeersektes.
1965 errichtete die Firma in Dreieichenhain eine neue
Fabrikationsanlage. Einige Jahre später wurde die Firma an die
Westgetränke GmbH verkauft und die Produktion stillgelegt.
Durch
einen Klick auf das Bild können Sie lesen, was
Gerhard
Störmer über die Sektfabrik Löffler
zusammengetragen
hat. -->Hier
sind Bilder aus einer Broschüre zum 100sten
Firmenjubiläum
abrufbar (meist ältere Flaschenetiketten). Anmerkung 2/2015:
Durch
eine Internt-Recherche stießen wir auf die Firma "G.A.
Löffler jun.Sektkellerei GmbH, Trier". Eine Anfrage bei dieser
Firma ergab, dass es sich um eine Vertriebsgesellschaft
("Etikettenfirma") innerhalb der Firmengruppe "Schloss
Wachenheim"
handelt. Offensichtlich wurde der Firmenmantel des Dreieicher
Unternehmens vpn Schloss Wachenheim aus der Konkursmasse
übernommen. Hier ist das Etikett eines "Carmen-Sektes",
abrufbar, der von G.A. Löffler jun.z.Z. vertrieben wird.
Am 4. Mai
1882
gründet
der Schreinermeister Johann
Georg Schmidt
in der Sprendlinger
Eisenbahnstraße eine Schreinerei mit
Möbelfabrikation. Die Mitarbeiterzahl nimmt bis zum Ersten
Weltkrieg auf 60 zu. Der Krieg und die darauf folgende Wirtschaftkrise
brachten große finanzielle Probleme. Wie auch im ersten
Weltkrieg
wurden nach 1935 Kaserneneinrichtungen und Munitionskisten hergestellt.
In der Nachkriegszeit entwickelte sich die Firma, die jetzt
Möbel-Bechtel hieß, sehr positiv.
Allerdings verschlechterte sich das Konkurrenzumfeld in den
nachfolgenden Jahren, so dass 1967 die Möbelproduktion
aufgegeben
wurde. Es entstand ein Möbelhaus mit angeschlossener Werkstatt
für insbesondere rustikale Eichenmöbel. -->Anzeige 1979.
Im Jahr 1997 wurde
der
Möbelhandel beendet und die Firma Bechtel konzentriert sich
auf
Restaurierungen und handwerkliche Spezialanfertigungen. Durch einen
Klick auf das Bild können Sie lesen, was Gerhard
Störmer
über die Möbelfabrik Schmidt zusammengetragen
hat.
Das
Gaswerk
in Sprendlingen wurde 1906 zusammen mit dem Wasserwerk erbaut.
Voraussetzung dafür war eine funktionierende Kohleversorgung
über die 1905 eröffnete Dreieichbahn. Bereits 1910
wurde das
Werk durch einen dritten Retortenofen und einem zweiten
Gasbehälter (Gasometer) erweitert. In der Kriegs- und
Nachkriegszeit gab es erhebliche Probleme bei der Kohleversorgung.
Danach stieg der Gasabsatz kontinuierlich. Im Zweiten Weltkrieg gab es
auch im Gaswerk Schäden durch Bombenabwürfe. 1949 kam
ein
Vertrag mit den Stadtwerken Offenbach über den Bezug von
Stadtgas
zustande. 1959 erfolgte der Abriss des Gaswerkes. Auf dem
Gelände
wurde dann das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Sprendlingen
errichtet. Lesen Sie nach einem Klick auf das Bild
mehr über das Gaswerk. Sie können sich -->
hier Bilder
des Gaswerks anschauen. Herr Schauß hat ein schönes
Modell (H0) des Gaswerks gebastelt,das gelegentlich der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Im
Jahr 1907 siedelte sich in Sprendlingen an der
Eisenbahnstraße
die "Zahnfabrik
Wienand und Söhne" an. Voraussetzung
für die Ansiedlung war eine gesicherte Versorgung mit Stadtgas
uns
sauberem Wasser, d.h. dem Gas- und Wasserwerk. Wir haben recherchiert
und
mit Zeitzeugen gesprochen. Durch einen Klick auf das Bild
können
Sie
mehr über die wechselvolle Geschichte der Zahnfabrik
erfahren. Heute
ist von ihr nichts mehr zu
sehen. Das Gelände ist mit Einfamilienhäuser und
einem Altenwohnheim bebaut.
Im Jahre
1894 wurde die
„Gelee
und Zuckerwarenfabrik Beck
und Schröder“
gegründet. 1907 wurde die Fabrik (die Schillee) in der
Nähe
des Sprendlinger Bahnhofs erbaut. Die links
abgebildete
Postkarte zeigt eine - gelinde ausgedrückt - etwas
phantasievoll
aufgeblasene Darstellung der Fabrik mit (nie existierenden)
Stichgleisen auf dem Betriebsgelände. In der Realität
beschäftigte die Fabrik durchschnittlich 30 Personen,
die Bonbons, Gebäck, Zuckerwaren, Gelee
und Konfitüren herstellten. Als der Sohn
des Inhabers, Theo
Schröder, aus dem zweiten
Weltkrieg nicht mehr heimkam, gab dieser den Betrieb auf (nach anderen
Quellen bereits 1938). Nach dem Krieg war das Gelände von der
Amerikanischen Armee besetzt. Danach diente
das Gebäude unterschiedlichen Zwecken (Firma ATP,
Sportstudio Vitafit). Es gibt wenig publiziertes Material über
dieses Unternehmen. Wir sind noch am Suchen. Anfang 2020 tut sich auf
dem Gelände etwas. Es wird entkernt und in der Mitte wird die Fassadenmauer
ein Stück beseitigt. Mal schauen, was daraus wird.
Im Jahre
1908
verlegte die
1902 gegründete "Frankfurter
Gaszählerfabrik Dehm
&
Zinkeisen" ihren Sitz von Frankfurt nach Sprendlingen. Die
Besitzer
waren die Familien Scharf und Zinkeisen (Dehm schied bereits 1903 aus).
Zuerst wurden
nur Gaszähler
hergestellt, später kam dann die Fertigung
von Drehteilen,
Verkaufsautomaten und zuletzt Gasregelanlagen hinzu. 1967 wurde das
Unternehmen
an die holländische Firma „H. Gorter
Technisch
Bureau N.V.“ verkauft. Das
Fertigungsprogramm erweiterte sich durch Einrichtung einer
Hochdruckschweißerei
und einer Heizungsabteilung. Anfang der 1990er Jahre wurde das
Unternehmen
von der französischen Schlumberger Gruppe übernommen
("Schlumberger Industries Dehm + Zinkeisen"). Nach relativ kurzer Zeit
wurde die Produktion in Sprendlingen stillgelegt und das
Firmengelände verkauft. Dort wurde anschließend ein
Wohn-
und Geschäftshaus errichtet. Auch zu dieser Firma gibt es
wenig publiziertes Material.
Gerhard
Störmer hat für sein "Sprendlingen-Buch"
ausführlich
über die Firma Wiedekind
recherchiert. Obwohl dieser Abschnitt
der
Website der frühen Industrialisierung Sprendlingens gewidmet
ist,
wollen wir den interessanten Bericht, der durch Anklicken des Bildes
geladen werden kann, nicht unterschlagen. Die ersten Gebäude
der Bekleidungswerke Wiedekind wurden 1954 an der Frankfurter
Straße errichtet. Darin wurde moderne Freizeitkleidung
hergestellt. Der geschäftliche Erfolg erlaubte dem Bau von
Zweigwerken im In- und Ausland, ebenso eine neu Firmenzentrale. Der
Umsatz erreichte 1979 ein Volumen von 100 Mio DM. -->Anzeige
1979. In den 1980er Jahren
erfasste die Textilkrise auch diese Sprendlinger Firma, die
schließlich 1991 insolvent wurde.
Nach
dem Zweiten Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl von Sprendlingen stark
an. Um den Bürgen wohnortnahe Arbeitsplätze zu bieten
und
natürlich auch Gewerbesteuer einzunehmen, wies die Stadt
Sprendlingen im fast unbebauten Norden Sprendlingens ein
großes
Industriegebiet aus. Die dänische Firma Danfoss
sicherte sich
ein
beträchtliches Gelände an der Offenbacher
Straße, um
dort eine Fabrik zur Produktion von Kühlschrank- Kompressoren
zu
errichten. Als das Gebäude mit dem charakteristischen
Zickzackdach
fertiggestellt war, änderte die Firma ihre Strategie und
verkaufte
es. Ab1969 wechselten sich Kaufpark, Werkauf, Walmart und dann Real in
der Nutzung des Anwesens ab. Lesen Sie durch einen Klick auf das Bild
den Bericht von Barbara Simon über das wechselvolle Schicksal
dieses Gebäudes.
Der
Gebäudekomplex „Business Forum Dreieich“
(Foto unten)
wirkt heute etwas unscheinbar, aber viele wissen noch, dass hier einmal
Schönheitsartikel für die ganze Welt produziert
wurden: von
Ellen Betrix – Cosmetic International. Der Ursprung der fast
märchenhaften Erfolgsgeschichte dieser Sprendlinger Firma, die
dann 1989 ziemlich abrupt endete, liegt jedoch in Frankfurt. Es begann
im Westend in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts in einem Keller
,,,
Lesen Sie den ersten Teil
dieser faszinierenden Geschichte dieser Sprendlinger Kosmetikfirma.